Interesse am Wolf lockt zahlreiche Besucher in die Aula des Gauß-Gymnasiums Schwedt/O.
Nachdem der Wolf im Jahr 1990 unter Schutz gestellt wurde, kam Anfang des Jahrtausends in Sachsen das erste Wolfsjunge zur Welt. Seitdem breitet sich der Wolf in Deutschland kontinuierlich aus. Inzwischen sind mehr als 250 Wolfsterritorien in Deutschland bestätigt. Es fehlen jedoch wissenschaftlich fundierte Daten über das Verhalten freilebender Wölfe in unserer dichtbesiedelten Kulturlandschaft. Dieses Wissen ist jedoch zentral, um Wildtiermaßnahmen zu beurteilen.
Dr. Frank Michler forscht an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) u.a. zum Raum- und Interaktionsverhalten von Wölfen. In der Bürgervorlesung am 14. November in Schwedt/O., berichtete er aus seiner spannenden Forschung über die Beziehung von Wolf, Mensch, Wild- und Weidetieren. Rund 80 Besucherinnen und Besucher, darunter Landwirte, Schüler und Bürger, hörten dem Wildtierbiologen zu, berichteten von persönlichen Erfahrungen mit dem Wolf und stellten Fragen. Einige der Interessierten besuchten im Vorfeld den ebenfalls ausgebuchten Film „Im Land der Wölfe“ im FilmforUM Schwedt/O.
Wie leben Wölfe in Deutschland? Wie sind ihre Bewegungsmuster? Wie ist das Interaktionsverhalten zwischen Rotwild und Wölfen? Diese Fragen und viele weitere wurden in der Schulaula durch den Wildtierbiologen Michler anschaulich beantwortet. So haben Jungtiere, die das Elternterritorium verlassen, große Streifgebiete. Diese Floater Streifgebiete kreuzen häufig Territorien anderer Wölfe. Aufgrund der hohen dichte an Nahrung werden die fremden Wölfe im eigenen Territorium geduldet. Nach der Floater Bewegung, verbunden mit etlichen Exkursionen, folgt dann die endgültige Abwanderung in eigene Gebiete. Ein bemerkenswertes Beispiel: Ein Wolf lief aus Sachsen-Anhalt bis an die Ostsee und anschließend über Hamburg bis an die Nordsee. Zurück ging es dann durch Mecklenburg-Vorpommern bis er sich im nördlichen Brandenburg niederließ - eine Strecke von 1.618km in 50 Tagen im Alter von 11 Monaten.
An dem Abend in der Schwedter Aula wurde es jedoch auch nachdenklich: Der Umgang der Gesellschaft mit dem Wolf ist ein Spannungsfeld und braucht eine Plattform für Diskussion zum Umgang. Schutzmaßnahmen für Weidetieren sind nicht abschließend geklärt und Entschädigungen mit langem Warten verbunden. Ein frisch geplagter Schafzüchter aus der Uckermark berichtete von einem Wolfsriss am Vorabend der Bürgervorlesung. Den Beitrag der Schafe zur Landschaftspflege hob der Forscher der HNEE besonders hervor. So erhalten in Norwegen beispielsweise Schäfer Prämien, wenn sie ihre Schafe in besonders Wolfs-gefährdeten Gebieten grasen lassen.
Im Anschluss der 60-minütigen Vorlesung folgten noch einige Fragen aus dem Publikum. Ein Schüler fragte, was dem Wildtierexperten am meisten an seinem Beruf gefällt. Es sei sein Interesse an allen wildlebenden Tieren. „Berührend sind die Erlebnisse bei den Exkursionen ins Feld, wenn einem Wildtier ein Sender angelegt oder Untersuchungen durchgeführt werden“, so Dr. Michler. Wölfe zu fangen, sei dabei die höchste Kunst unter den Wildtieren. Der Vortrag wurde am 15.11. am Angermünder Einsteingymnasium wiederholt und von 150 Schülern und interessierten Bürgern gehört.
Die Bürgervorlesung wird in Zusammenarbeit mit dem Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium Schwedt, dem Einstein-Gymnasium Angermünde, der Stadt Schwedt/Oder, der PCK und der Präsenzstelle Schwedt | Uckermark organisiert. Die regelmäßig stattfindende Veranstaltungsreihe bietet der Öffentlichkeit spannende Einblicke in aktuelle Forschungsthemen und ermöglicht den direkten Austausch mit Experten aus der Wissenschaft.